Zweites Fernsehduell der US-Präsidentschaftskandidaten,
09. Oktober 2016
Gäste: Hilary Clinton
(Demokraten) & Donald Trump (Republikaner)
Kleidung:
Clinton: Hosenanzug schwarz-weiß mit weißem Oberteil – auffällig,
aber nicht dominierend
Trump: dunkler Anzug – weißes Hemd – rote unifarbene
Krawatte
Inhalt:
Fortsetzung der Debatte vom 27. September als sog.
"Town-Hall-Meeting" – Arena, in der sich die Kandidaten etwas freier
bewegen und direkten Kontakt zum Publikum aufnehmen konnten – Moderatorin,
Moderator – Fragen aus dem Publikum via Facebook oder live im Studio – Themen: Video
mit sexistischen Äußerungen Trumps, Einwanderungspolitik, Steuersenkung bzw.
-gesetzgebung und Krieg in Syrien – z.T. richteten sich die Fragen konkret an
einen der beiden Kandidaten – Beantwortung folgte im Wechsel – Zeitlimit: 2
Minuten
Körperhaltung:
Clinton: aufrechter, fester und sicher wirkender Stand – direkte
Ansprache der anwesenden Zuschauern – nimmt sich den Raum – steht frei oder lehnt
am Stuhl, wenn Trump spricht – wirkt weniger aggressiv als ihr Kontrahent – strahlt
große Präsenz und Ruhe aus –souverän auch bei wiederholten persönlichen
Angriffen – freie und selbstverständliche Gestik folgt den Ausführungen
Trump: versucht den gesamten Raum zu dominieren – ist
ständig in Bewegung – kontrolliert das "Revier" – Manöver, um von
Clintons Äußerungen abzulenken – Versuch, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen –
auch die der Kamera, die ihm folgen (muss) – verletzt die räumliche Sphäre seiner
Kontrahentin – führt das Mikrofon häufig zum Mund – "droht" mit
Unterbrechung bzw. unterbricht tatsächlich – versucht damit Druck auf
Gegenkandidatin und Moderatoren auszuüben
Mimik:
Clinton: fokussiert – Mimik folgt dem Gesagten – hat ihre Gesichtszüge
gut im Griff, ohne verkrampft zu wirken – lässt sich auch dieses Mal nicht
provozieren
Trump: weitgehend unbewegte Mimik – durchgängig gleichbleibender
Gesichtsausdruck – angespannt – taxierender Blick – Spannung im Augenbereich
Stimme:
Clinton: feste, manchmal heisere Stimme – klare Diktion – scheut
sich nicht lauter zu werden u. ihre Botschaft zum Abschluss zu bringen bzw.
gegen Trump anzugehen
Trump: heiser – bleibt in einer Lautstärke – versucht auch
die Moderatoren zu übertönen – stimmliches Dominanzverhalten
Rhetorik:
Clinton: kurze, klare Sätze – konkretisiert mit Beispielen
– klärt auf mit Belegen – nutzt das Stilmittel der Pause, auch wenn Trump droht
in die Lücke zu stoßen – bleibt bei Ihrer Sachlichkeit, ungeachtet der Versuche
Trumps, zu emotionalisieren u. zu provozieren – bietet konkrete Inhalte –
schlägt immer wieder rhetorisch und inhaltlich den Bogen zur gestellten Frage
Trump: ausschweifende, assoziative Sprechweise – keine
Antwort auf konkrete Fragen, trotz mehrfacher Aufforderungen seitens der
Moderatoren – beharrt auf seinen Behauptungen und Anschuldigungen – "she [Clinton]has a bad judgement"
– hat inhaltlich wenig zu bieten – keine Argumentation auf der Sachebene möglich
– unablässiger Redefluss – Strategie, um den Gegner soll "an die Wand zu
reden"
Fazit:
Hilary Clinton, gut vorbereitet, stemmt sich gegen das
Niveau Trumps, das er ihr aufzwingen will und lässt die Zermürbungsstrategie
Trumps v.a. zum Ende der Sendung ins Leere laufen. Clinton ignoriert allzu
abenteuerliche Anwürfe, wie die Drohung, sie für die unverschlüsselt
versendeten e-Mails ins Gefängnis zu bringen und vermeidet die gefährliche Rechtfertigungsfalle,
in die sie ihr Gegner mit seinem Beharren auf Behauptungen und Anschuldigungen
zu locken versucht. Ein oder zwei Klarstellungen genügen, auf eine Wiederholung
wird verzichtet. Einige Attacken Trumps kann Clinton zu ihrem Vorteil nutzen. Dem
Vorwurf der Untätigkeit bei Beschlüssen zur Steuergesetzgebung begegnet die
Senatorin mit ihrem damaligen, nachweisbaren Abstimmungsverhalten und führt
auch den republikanischen Präsidenten George W. Bush ins Feld, unter dessen
Ägide die von Trump kritisierten Entscheidungen gefallen sind. Mit ihrer
Haltung bleibt Clinton souverän und "sitzt" das dominante Revierverhalten
Trumps lächelnd aus, nimmt sich aber ihrerseits den Raum, wenn sie ihn braucht.
Trump zeigt sich minimal besser vorbereitet und gibt
sich während des zweiten Duells weniger Blößen. Sein assoziativer Redestil, der
die jeweils konkrete Frage ignoriert, neigt zum Schwadronieren. Der ein oder
andere Witz gelingt, verblasst aber auch schnell. Auch dieses Mal geht es ihm
nicht um einen inhaltlichen Schlagabtausch, sondern um die Behauptung und
Verteidigung eines Reviers, das mit der Veröffentlichung seiner sexistischen
Äußerungen und der Distanzierung einiger republikanischer Weggenossen kleiner
wird.
Seine Nähe zu Putins Politik und die Behauptung, das
russisch-syrische Bombardement Aleppos würden allein dem IS-Terroristen gelten,
hätte von Clinton besser genutzt werden können.
Am Ende spricht Trump wohl echte Anerkennung aus, wenn
er zugibt. die Kämpfernatur seiner Kontrahentin zu schätzen. Umgekehrt bleibt
Clinton höflich und vermeidet die offene Lüge, indem sie elegant den Kinder
Trumps ihre Bewunderung ausspricht, was
indirekt (positive) Rückschlüsse auf den Vater zuließe.