Freitag, 14. Oktober 2016

Zweites Fernsehduell der US-Präsidentschaftskandidaten, 09. Oktober 2016
Gäste: Hilary Clinton (Demokraten) & Donald Trump (Republikaner)

Kleidung:
Clinton: Hosenanzug schwarz-weiß mit weißem Oberteil – auffällig, aber nicht dominierend
Trump: dunkler Anzug – weißes Hemd – rote unifarbene Krawatte

Inhalt:
Fortsetzung der Debatte vom 27. September als sog. "Town-Hall-Meeting" – Arena, in der sich die Kandidaten etwas freier bewegen und direkten Kontakt zum Publikum aufnehmen konnten – Moderatorin, Moderator – Fragen aus dem Publikum via Facebook oder live im Studio – Themen: Video mit sexistischen Äußerungen Trumps, Einwanderungspolitik, Steuersenkung bzw. -gesetzgebung und Krieg in Syrien – z.T. richteten sich die Fragen konkret an einen der beiden Kandidaten – Beantwortung folgte im Wechsel – Zeitlimit: 2 Minuten

Körperhaltung:
Clinton: aufrechter, fester und sicher wirkender Stand – direkte Ansprache der anwesenden Zuschauern – nimmt sich den Raum – steht frei oder lehnt am Stuhl, wenn Trump spricht – wirkt weniger aggressiv als ihr Kontrahent – strahlt große Präsenz und Ruhe aus –souverän auch bei wiederholten persönlichen Angriffen – freie und selbstverständliche Gestik folgt den Ausführungen
Trump: versucht den gesamten Raum zu dominieren – ist ständig in Bewegung – kontrolliert das "Revier" – Manöver, um von Clintons Äußerungen abzulenken – Versuch, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – auch die der Kamera, die ihm folgen (muss) – verletzt die räumliche Sphäre seiner Kontrahentin – führt das Mikrofon häufig zum Mund – "droht" mit Unterbrechung bzw. unterbricht tatsächlich – versucht damit Druck auf Gegenkandidatin und Moderatoren auszuüben

Mimik:
Clinton: fokussiert – Mimik folgt dem Gesagten – hat ihre Gesichtszüge gut im Griff, ohne verkrampft zu wirken – lässt sich auch dieses Mal nicht provozieren
Trump: weitgehend unbewegte Mimik – durchgängig gleichbleibender Gesichtsausdruck – angespannt – taxierender Blick – Spannung im Augenbereich

Stimme:
Clinton: feste, manchmal heisere Stimme – klare Diktion – scheut sich nicht lauter zu werden u. ihre Botschaft zum Abschluss zu bringen bzw. gegen Trump anzugehen
Trump: heiser – bleibt in einer Lautstärke – versucht auch die Moderatoren zu übertönen – stimmliches Dominanzverhalten  

Rhetorik:
Clinton: kurze, klare Sätze – konkretisiert mit Beispielen – klärt auf mit Belegen – nutzt das Stilmittel der Pause, auch wenn Trump droht in die Lücke zu stoßen – bleibt bei Ihrer Sachlichkeit, ungeachtet der Versuche Trumps, zu emotionalisieren u. zu provozieren – bietet konkrete Inhalte – schlägt immer wieder rhetorisch und inhaltlich den Bogen zur gestellten Frage
Trump: ausschweifende, assoziative Sprechweise – keine Antwort auf konkrete Fragen, trotz mehrfacher Aufforderungen seitens der Moderatoren – beharrt auf seinen Behauptungen und Anschuldigungen – "she [Clinton]has a bad judgement" – hat inhaltlich wenig zu bieten – keine Argumentation auf der Sachebene möglich – unablässiger Redefluss – Strategie, um den Gegner soll "an die Wand zu reden"

Fazit:
Hilary Clinton, gut vorbereitet, stemmt sich gegen das Niveau Trumps, das er ihr aufzwingen will und lässt die Zermürbungsstrategie Trumps v.a. zum Ende der Sendung ins Leere laufen. Clinton ignoriert allzu abenteuerliche Anwürfe, wie die Drohung, sie für die unverschlüsselt versendeten e-Mails ins Gefängnis zu bringen und vermeidet die gefährliche Rechtfertigungsfalle, in die sie ihr Gegner mit seinem Beharren auf Behauptungen und Anschuldigungen zu locken versucht. Ein oder zwei Klarstellungen genügen, auf eine Wiederholung wird verzichtet. Einige Attacken Trumps kann Clinton zu ihrem Vorteil nutzen. Dem Vorwurf der Untätigkeit bei Beschlüssen zur Steuergesetzgebung begegnet die Senatorin mit ihrem damaligen, nachweisbaren Abstimmungsverhalten und führt auch den republikanischen Präsidenten George W. Bush ins Feld, unter dessen Ägide die von Trump kritisierten Entscheidungen gefallen sind. Mit ihrer Haltung bleibt Clinton souverän und "sitzt" das dominante Revierverhalten Trumps lächelnd aus, nimmt sich aber ihrerseits den Raum, wenn sie ihn braucht.
Trump zeigt sich minimal besser vorbereitet und gibt sich während des zweiten Duells weniger Blößen. Sein assoziativer Redestil, der die jeweils konkrete Frage ignoriert, neigt zum Schwadronieren. Der ein oder andere Witz gelingt, verblasst aber auch schnell. Auch dieses Mal geht es ihm nicht um einen inhaltlichen Schlagabtausch, sondern um die Behauptung und Verteidigung eines Reviers, das mit der Veröffentlichung seiner sexistischen Äußerungen und der Distanzierung einiger republikanischer Weggenossen kleiner wird.
Seine Nähe zu Putins Politik und die Behauptung, das russisch-syrische Bombardement Aleppos würden allein dem IS-Terroristen gelten, hätte von Clinton besser genutzt werden können.

Am Ende spricht Trump wohl echte Anerkennung aus, wenn er zugibt. die Kämpfernatur seiner Kontrahentin zu schätzen. Umgekehrt bleibt Clinton höflich und vermeidet die offene Lüge, indem sie elegant den Kinder Trumps ihre Bewunderung  ausspricht, was indirekt (positive) Rückschlüsse auf den Vater zuließe.